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11.03.2024

Krankenhaus-Beirat des Landkreises Lindau: Situation des Rettungswesens / Ergebnisse eines Gutachtens des Instituts für Notfallmedizin und Medizinmanagement

Lindau (Bodensee) – Auf der Tagesordnung der dritten Sitzung des Krankenhaus-Beirats stand die Notfallversorgung, insbesondere der Rettungsdienst. Der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) Allgäu, der auch für den Landkreis Lindau zuständig ist, hatte nach Bekanntwerden einer Reduzierung der Leistungen an der Rotkreuzklinik in Lindenberg auf Anregung von Landrat Elmar Stegmann ein Gutachten zur Situation des Rettungswesens beim Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement in München in Auftrag gegeben. Es sollte geklärt werden, ob sich der Rettungsdienst im Landkreis vor diesem Hintergrund anders aufstellen muss. Die Ergebnisse haben die Experten des Instituts nun den Mitgliedern des Krankenhausbeirats sowie weiteren teilnehmenden Experten vorgestellt. Es wurden dabei verschiedene Szenarien durchgespielt. Die gute Nachricht: Selbst beim Worst Case-Szenario, das heißt, für den Fall, die Rotkreuzklinik könnte bei Notfällen nicht mehr angefahren werden, ist der Rettungsdienst gut aufgestellt und kann die Hilfsfristen einhalten. Dass dies auch zukünftig so bleibt, wird kontinuierlich kritisch über den ZRF geprüft. Eine weitere gute Nachricht ist, dass die Notärzte in Lindenberg weiterhin rund um die Uhr im Einsatz sein können.

Die zusammengefassten Ergebnisse des Gutachtens:
Von Dezember 2022 bis November 2023 gab es insgesamt 5.226 rettungsdienstliche Einweisungen aus dem Landkreis, 2.706 wurden in die Rotkreuzklinik in Lindenberg eingeliefert. Davon waren 1.868 Notfälle. Diese ereigneten sich hauptsächlich tagsüber und abends. In den Nachtstunden wird im Schnitt ein Notfall in die Rotkreuzklinik eingeliefert.

So lange die zukünftigen Leistungen an der Rotkreuzklinik nicht genau definiert sind, muss der ZRF von einem Worst Case-Szenario ausgehen. Es wurde daher in dem Gutachten geprüft, wie sich die Anforderungen an den Rettungsdienst entwickeln, wenn die Rotkreuzklinik bei Notfällen vom Rettungsdienst nicht mehr angefahren werden kann. Relevant ist hier immer, wie sich die Einhaltung der Hilfsfrist verändert. In Bayern müssen nämlich 80% der Notfälle in einem Versorgungsbereich innerhalb von 12 Minuten durch den Rettungsdienst erreicht werden. Diese Quote wird vom ZRF laufend kontrolliert.

Betrachtet wurden in dem Gutachten neben dem Wohnort der Patienten und damit die Wegstrecken, auch die Diagnosen und daraus resultierend die nächstgelegenen geeigneten Kliniken. Demnach würden bei diesem Szenario etwa 40% der Patienten zukünftig nach Wangen gebracht, jeweils etwa 15% nach Lindau und Immenstadt sowie zu kleineren Prozentsätzen beispielsweise nach Ravensburg, Kempten, Friedrichshafen und Bregenz. Bregenz wird heute schon häufig für die Behandlung von Säuglingen und Kindern angefahren. Für den Rettungsdienst bedeutet dies, dass die Transportdauer und damit die Zeit von Notrufeingang bis Einlieferung in die Klinik länger wird und die Rettungsmittel länger durch Einsätze gebunden sind.

Die Untersuchung ergab, dass die Hilfsfrist in den Versorgungsbereichen Lindenberg und Lindau weiterhin ausreichend sichergestellt ist. Dies gilt jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen: So muss der Notarztstandort in Lindenberg weiterhin rund um die Uhr besetzt bleiben. In einem Gespräch vergangene Woche hatten die Notärzte Landrat Elmar Stegmann sowie dem Ärztlichen Leiter Rettungsdienst, Dr. Heiko Hüber, versichert, dass sich für sie nichts ändern wird und alle weiterhin Einsätze durchführen werden. Der Dienstplan steht auch bereits schon wieder bis Juni. Eine weitere Voraussetzung für einen funktionierenden Rettungsdienst ist, dass die Rettungswagen aus Wangen und Isny weiterhin grenzüberschreitende Einsätze im Landkreis übernehmen und diese noch ausbauen. Hier ist der ZRF bereits in Gesprächen mit seinem Pendant auf baden-württembergischer Seite. Dritte Voraussetzung ist, dass die Klinik in Wangen jährlich etwa 700 zusätzliche Rettungsdienst-Einlieferungen übernehmen kann, also 2 pro Tag. Die Oberschwabenklinik betonte hierzu nochmals, wie wichtig es ist, rasch verbindliche Aussagen zu erhalten.

Wie geht es nun weiter:
Die Auswirkungen der Einschränkungen bei der Notfallversorgung an der Rotkreuzklinik Lindenberg auf die rettungsdienstliche Versorgung im Landkreis Lindau sind laut Aussage des ZRF spürbar. Dennoch ergeben sich laut Empfehlung des Instituts für Notfallmedizin und Medizinmanagement derzeit keine Auswirkungen, welche die Funktionsfähigkeit des Rettungsdienstes in Frage stellen. Ob dies so bleibt, wird nun in Zusammenarbeit mit dem Ärztlichen Leiter Rettungsdienst und dem Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement kontinuierlich aufmerksam überwacht. Sollten sich die Bedingungen jedoch ändern, so werden in Abstimmung mit den Krankenkassen als Kostenträger umgehend Maßnahmen ergriffen. Möglich wäre beispielsweise dann im Bereich Lindenberg/Oberstaufen ein zusätzlicher Stellplatz für einen Rettungswagen nahe der B308.

Auf Initiative von Landrat Elmar Stegmann findet übrigens ein erstes Gespräch zwischen allen drei Kliniken (Rotkreuzklinik Lindenberg, Asklepios Klinik Lindau und Oberschwabenklinik) statt mit dem Ziel, mögliche Bereiche für Kooperationen zu definieren.

Was ist der Krankenhaus-Beirat?

In seiner Sitzung am 14. Dezember 2023 hat der Kreistag aufgrund der Bedeutung des Themas mit großer Mehrheit entschieden einen „Krankenhaus-Beirat“ einzurichten.
Dieser Beirat soll dem Kreistag und seinen (zuständigen) Ausschüssen beratend zur Seite stehen. Jede Fraktion oder Ausschussgemeinschaft hat diesen Beirat mit einem Mitglied zu besetzen.Die Verwaltung darf für die Arbeit dieses Beirats fachkundigen externen Rat, z.B. durch einen Gutachter, in Anspruch nehmen.Für die Arbeit des Krankenhaus-Beirats hat der Kreistag Haushaltsmittel in Höhe von 50.000 Euro zur Verfügung gestellt. Moderiert wird der Beirat von dem Geschäftsstellenleiter der Gesundheitsregionplus, Thomas Kaleja.

Mitglieder des Krankenhaus-Beirats sind:
Landrat Elmar Stegmann – Sprecher des Beirats
Bürgermeister Eric Ballerstedt (CSU)
Dr. Ulrike Lorenz-Meyer (Bündnis 90 / DIE GRÜNEN)
Dr. Martin Hessz (Freie Wähler)
Rose Eitel-Schmid (SPD)
Petra Meier to Bernd-Seidl (Freie Bürgerschaft)
Veronika Pfanner (Junge Union)
Günter Sattler (ÖDP/FDP/Linke)

Experten, die an der dritten Sitzung des Krankenhausbeirats teilgenommen haben:
Dr. Fabian Heuser, Ärztlicher Direktor der Asklepios Klinik
Prof. Dr. Oliver Rentzsch, Ärztlicher Direktor der Oberschwabenklinik
Gerhard Zipperlen, ehemaliger Ärztlicher Leiter Rettungsdienst und Koordinator während der Corona-Pandemie, aktiver Notarzt
Caroline Vogt, Geschäftsführerin Rotkreuzklinik Lindenberg
Dr. Christian Sellenthin, Ärztlicher Direktor Rotkreuzklinik Lindenberg
Dr. Klaus Stupp, Leiter Medizincontrolling Rotkreuzklinik Lindenberg
Prof. Dr. Christina Rogalski, Beraterin Rotkreuzklinik Lindenberg, WMC International GmbH
Roman Gaißer, Geschäftsführer, BRK Kreisverband Lindau
Christian Skibak, Leiter Rettungsdienst, BRK Kreisverband Lindau
Michael Fackler, stellvertretender Geschäftsführer Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Allgäu
Christian Nagel, Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Allgäu
Christian Gehring, Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement
Manuel Holder, Regionalleiter Notfalldienste, Kassenärztliche Vereinigung Bayerns
eingeladen aber entschuldigt war Dr. Franz-Joseph Sauer vom Gesundheitsnetzwerk Westallgäu