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06.03.2024

Krankenhaus-Beirat des Landkreises Lindau: Engere Kooperation zwischen den Kliniken in der Region

Lindau (Bodensee) – Der Krankenhaus-Beirat des Landkreises Lindau hat sich in seiner zweiten Sitzung dem Zukunftskonzept der Rotkreuzklinik gewidmet. Nachdem dieses in den vergangenen Tagen bereits in einer Sitzung des Stadtrats Lindenberg und in der Westallgäuer Zeitung vorgestellt wurde, haben die Geschäftsführerin der Rotkreuzklinik Caroline Vogt und weitere Vertreter der Klinik die Planungen in diesem Gremium erläutert. Anwesend waren neben den Beiratsmitgliedern auch Vertreter der Asklepios Klinik und der Oberschwabenklinik, ein Vertreter der niedergelassenen Ärzte sowie jeweils ein Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung (KVB) sowie des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL).

Das Gesundheitswesen befindet sich im Umbruch. Dies stellt die Akteure vor Ort vor große Herausforderungen. Der medizinische Fortschritt führt zu einer kürzeren Verweildauer der Patienten in den Krankenhäusern, gleichzeitig können immer mehr Eingriffe, für die früher ein stationärer Krankenhausaufenthalt notwendig war, ambulant und auch in Facharztpraxen außerhalb der Kliniken durchgeführt werden. Nirgendwo ist der Fachkräftemangel so ausgeprägt wie im medizinischen Bereich. Hinzu kommen die politischen Vorgaben der Bundesregierung. Alle sind sich einig, dass vor diesem Hintergrund eine enge Kooperation zwischen den Kliniken immer wichtiger wird.

Auch das neue Konzept der Schwesternschaft für die Rotkreuzklinik bietet gute Chancen für Kooperationen. So soll nach Darstellung der Geschäftsführerin der Rotkreuzklink Caroline Vogt ein Schwerpunkt zukünftig auf den Bereichen Altersmedizin, Innere Medizin (leichte Fälle), ambulante Operationen und der Behandlung von kurz- oder tagesstationären Fällen liegen. Dies wird von der Oberschwabenklinik sehr begrüßt, da es hier in der Region noch eine Versorgungslücke in der Altersmedizin gibt und durch eine Verlegung von leichteren Fällen nach Lindenberg in der Inneren Medizin in Wangen und Ravensburg mehr freie Betten für schwere Fälle zur Verfügung stehen können.

Um bei den Kooperationen möglichst rasch Verbindlichkeiten zu schaffen, hat Landrat Elmar Stegmann ein zeitnahes Gespräch zwischen den Vertretern der drei Kliniken initiiert. Wichtig ist nach Ansicht des Landrats auch, dass die Bürger im Westallgäu möglichst bald Klarheit darüber haben, mit welcher Erkrankung sie sich wohin wenden können. Denn inzwischen ist sicher, dass der Status quo nicht zu halten sein wird. Dies ist keine ausschließliche Frage des Geldes, sondern vielmehr den sich wandelnden Bedingungen im Gesundheitswesen geschuldet. So steht die Region mit dieser Entwicklung nicht allein da, sondern viele Krankenhäuser müssen sich derzeit neu orientieren und Kooperationen werden landauf und landab immer notwendiger. Gerade auch vor dem Hintergrund des Renteneintritts der sogenannten „Babyboomer“ in den nächsten Jahren, ist es wichtiger denn je, das vorhandene Personal bestmöglich einzusetzen und beispielsweise Doppelvorhaltungen zu vermeiden.

Kräfte können auch länderübergreifend gebündelt werden. Dazu fand bereits ein Gespräch in Vorarlberg statt. Landrat Elmar Stegmann und die Vorarlberger Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher hatten sich gemeinsam mit den Klinikverantwortlichen aus Bregenz und Lindau getroffen und wollen nun prüfen, wie auch länderübergreifend kooperiert und gegebenenfalls sogar Leistungsangebote regional aufeinander abstimmt werden können. Bei diesem Termin hatte Landrat Stegmann explizit auch die Versorgung des Westallgäus im Blick.

Ein weiterer Schwerpunkt der nahezu dreistündigen Beiratssitzung war die Abgrenzung zwischen Fällen für eine Ambulanz und Notfällen, die in einem Krankenhaus notfallmedizinisch behandelt werden müssen. Denn in der Praxis sind in der Vergangenheit in die Notaufnahmen viele Patienten gekommen, die mit ihren Beschwerden eigentlich in einer Arztpraxis oder beim ärztlichen Bereitschaftsdienst richtig angesiedelt wären. Im Falle der Rotkreuzklinik waren dies laut Aussage von Caroline Vogt in der Vergangenheit bis zu 70 Prozent der Fälle.

Schwierig wird es auch, wenn bei einem Notfall das diagnostizierte Krankheitsbild in diesem Krankenhaus nicht behandelt werden kann. Eine dann notwendige Abverlegung kostet wertvolle Zeit und bindet Rettungsmittel für andere Fälle. Wichtig ist daher eine gute Patientenlenkung schon im Vorfeld. So soll bei Notfällen grundsätzlich die 112 gewählt werden. Der Rettungsdienst fährt den Patienten mit seinen Beschwerden in die nächste geeignete Klinik. Bei leichteren Fällen sind die niedergelassenen Ärzte und außerhalb der Öffnungszeiten der ärztliche Bereitschaftsdienst unter der 116117 zuständig. Eine gute Lösung für leichtere ambulante Fälle wäre der Ausbau des bereits vor Ort an der Klinik in Lindenberg vorhandenen Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ). Ein solches MVZ könnte auch längere Öffnungszeiten haben als eine Arztpraxis. Für den Ausbau des MVZs – wie im Konzept der Rotkreuzklinik vorgesehen - hat sich die Kassenärztliche Vereinigung (KVB) als Berater und Partner der Klinikleitung angeboten und Fördergelder in Aussicht gestellt.

Die Notfallversorgung, insbesondere der Rettungsdienst, steht auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung des Krankenhausbeirats, die bereits Anfang März stattfindet. Die Experten des Instituts für Notfallmedizin und Medizinmanagement des Klinikums der Universität München werden anhand von Simulationen für das Jahr 2023 aufzeigen, wie sich Einschränkungen in der Notfallversorgung im Rotkreuzklinikum auf die Vorhaltung von Rettungsmitteln auswirken würden.

Was ist der Krankenhaus-Beirat?
In seiner Sitzung am 14. Dezember 2023 hat der Kreistag aufgrund der Bedeutung des Themas mit großer Mehrheit entschieden einen „Krankenhaus-Beirat“ einzurichten. Dieser Beirat soll dem Kreistag und seinen (zuständigen) Ausschüssen beratend zur Seite stehen. Jede Fraktion oder Ausschussgemeinschaft hat diesen Beirat mit einem Mitglied zu besetzen.Die Verwaltung darf für die Arbeit dieses Beirats fachkundigen externen Rat, z.B. durch einen Gutachter, in Anspruch nehmen.Für die Arbeit des Krankenhaus-Beirats hat der Kreistag Haushaltsmittel in Höhe von 50.000 Euro zur Verfügung gestellt. Moderiert wird der Beirat von dem Geschäftsstellenleiter der Gesundheitsregionplus, Thomas Kaleja.

Mitglieder des Krankenhaus-Beirats sind:
Landrat Elmar Stegmann – Sprecher des Beirats
Bürgermeister Eric Ballerstedt (CSU)
Dr. Ulrike Lorenz-Meyer (Bündnis 90 / DIE GRÜNEN)
Dr. Martin Hessz (Freie Wähler)
Rose Eitel-Schmid (SPD)
Petra Meier to Bernd-Seidl (Freie Bürgerschaft)
Veronika Pfanner (Junge Union)
Günter Sattler (ÖDP/FDP/Linke)

Experten, die an der zweiten Sitzung des Krankenhausbeirats teilgenommen haben:
Dr. Fabian Heuser, Ärztlicher Direktor der Asklepios Klinik
Prof. Dr. Oliver Rentzsch, Ärztlicher Direktor der Oberschwabenklinik
Dr. Franz-Joseph Sauer, Vorsitzender des Gesundheitsnetzwerks Westallgäu
Gerhard Zipperlen, ehemaliger Ärztlicher Leiter Rettungsdienst und Koordinator während der Corona-Pandemie, aktiver Notarzt
Caroline Vogt, Geschäftsführerin Rotkreuzklinik Lindenberg
Dr. Christian Sellenthin, Ärztlicher Direktor Rotkreuzklinik Lindenberg
Dr. Klaus Stupp, Leiter Medizincontrolling Rotkreuzklinik Lindenberg
Prof. Dr. Christina Rogalski, Beraterin Rotkreuzklinik Lindenberg, WMC International GmbH
Roman Gaißer, Geschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes, Kreisverband Lindau
Oliver Legler, Oberregierungsrat, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Kommunalbüro ärztliche Versorgung
Michael Geltz, Beratung Praxisführung, Beratungscenter Augsburg, Kassenärztliche Vereinigung Bayerns