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29.11.2023

Gesundheitsversorgung: Landräte und Klinikträger treffen sich erneut +++ Offenes und kooperatives Gespräch

Lindau (Bodensee) – Heute fand auf Einladung von Landrat Elmar Stegmann ein weiteres Gespräch zwischen den Landkreisen Lindau und Ravensburg sowie den regionalen Klinikträgern statt. Thema war ein gemeinsames Gutachten zur Struktur der Gesundheitsversorgung in der Region. Aufgrund der aktuellen Ereignisse an der Rotkreuzklinik in Lindenberg – diese hatte gestern die Eckpunkte des Zukunftskonzeptes und daraus resultierende Sanierungsmaßnahmen vorgestellt – fand auch hierzu ein intensiver Austausch statt. „Unser aller Ziel ist eine gute Krankenhaus- und Notfallversorgung für unsere Bürgerinnen und Bürger und ich freue mich, dass wir heute offen und kooperativ über die Rahmenbedingungen gesprochen haben“, so Landrat Elmar Stegmann. Beteiligt waren neben den Landräten Elmar Stegmann und Harald Sievers (Landkreis Ravensburg) Vertreter der Asklepios Klinik Lindau, der Oberschwabenklinik und Rotkreuzklinik sowie deren Generalhandlungsbevollmächtigter Mark Boddenberg.

Bereits Ende September fand mit den Beteiligten ein erstes Gespräch statt. Teilgenommen hatte hier auch Herwig Heide, Leiter der Abteilung Krankenhausversorgung im bayerischen Gesundheitsministerium. Mark Boddenberg war bei dem Termin damals verhindert. Bei diesem Gespräch hatte man sich auf die Erstellung eines Gutachtens geeinigt, in dem die Leistungen, die Personalausstattung und Krankenhausbetten der drei Kliniken ebenso erfasst werden sollen, wie die sich ändernden Rahmenbedingungen in der Krankenhauslandschaft. Dazu gehört die Krankenhausreform des Bundes, aber auch der akute Fachkräftemangel sowie die Notwendigkeit der Kliniken, sich weiter zu spezialisieren. Kooperationen werden hier immer wichtiger und auch der Entwicklung, dass mit immer moderneren Behandlungsmethoden der ambulante Bereich weiter zunimmt, soll Rechnung getragen werden.

Alle Teilnehmer des Gesprächs waren sich einig, dass vor dem Hintergrund der Veränderungen im Gesundheitssystem Geld allein nicht die Lösung sein kann. „Es ist nicht zielführend, Geld in Bereiche zu investieren, die beispielsweise schon aufgrund fehlenden Personals nicht mehr richtig betrieben werden können“, erklärt der Generalhandlungsbevollmächtigte der Rotkreuzklinik Dr. Mark Boddenberg.

„Die Thematik ist sehr komplex und einfache Lösungen gibt es nicht“, so Landrat Elmar Stegmann. „Wichtig ist, dass wir gemeinsam tragfähige Lösungen finden, die den Rahmenbedingungen gerecht werden, dass unsere Bürger medizinisch gut versorgt werden und die Mitarbeiter weiterhin attraktive Arbeitsplätze haben. Ich teile die Ansicht des Insolvenzverwalters Mark Boddenberg, dass wir genau schauen müssen, welche Bereiche noch weiter sinnvoll betrieben werden können und wo einem Erkrankten mit einer spezialisierten Klinik besser geholfen werden kann.“

Laut Aussage des Insolvenzverwalters bleiben in der Rotkreuzklinik 80 Prozent der aktuellen Leistungen bestehen, 20 Prozent der sehr personalintensiven Bereiche fallen weg. Lindenberg bleibt laut Aussage Boddenbergs und aufgrund der Unterstützung des Trägers, des Schwesternschaft München vom BRK e. V., als Klinikstandort also bestehen. Vor dem Hintergrund der schwierigen Ausgangslage ist dies seit längerer Zeit das erste Signal, das Hoffnung aufkommen lässt.

Wie geht es nun weiter? „Wir müssen hier in verschiedenen Richtungen aktiv bleiben“, erklärt Landrat Stegmann, der in den letzten Monaten bereits Vieles angestoßen und begleitet hat. „Bei dem Gutachten zur Struktur der Gesundheitsversorgung sind wir nun auf einem guten Weg.“ Die Inhalte sind bereits definiert und heute hat die Rotkreuzklinik erste Angebote von Gutachtern vorgelegt. Weitere Angebote werden folgen. Noch in diesem Jahr soll der Auftrag vergeben werden. Mit Ergebnissen kann dann voraussichtlich Mitte nächsten Jahres gerechnet werden. Diese sollen als Basis für weitere Planungen dienen. Dazu gehören auch Überlegungen für einen gemeinsamen Klinikstandort. Die Kosten für das Gutachten werden sich die Beteiligten nach Abzug der Förderung teilen.

Ein aktuell sehr drängendes Problem ist nach der geplanten Umstrukturierung der Notaufnahme und einem Wegfall von Teilen der Chirurgie in der Rotkreuzklinik in Lindenberg Ende März die Notfallversorgung und das Rettungswesen im Westallgäu. „Hier müssen wir bis dahin Lösungen gefunden haben“, so Landrat Elmar Stegmann. Landrat Harald Sievers dazu: „In diesem Bereich darf keine Versorgungslücke entstehen. Selbstverständlich wird das OSK-Westallgäu-Klinikum in Wangen seinen Beitrag leisten, um die Notfallversorgung der Bevölkerung aus dem Westallgäu sicherzustellen.“ Wichtig zu wissen ist: Bereits heute werden nicht alle akuten Fälle in räumlicher Nähe zur Rotkreuzklinik in Lindenberg auch dort behandelt. Die Wahl der Klinik richtet sich primär nach dem Verletzungsbild des Patienten. Viele schweren Notfälle werden seit jeher in Spezialkliniken gebracht, die je nach Krankheitsbild über spezielle medizinische Ausstattung und entsprechendes Fachpersonal verfügen. Wie die weiteren Fälle bestmöglich versorgt werden können und ob beispielsweise zusätzliche Rettungswägen benötigt werden, klärt aktuell der Rettungszweckverband in Kempten auf Veranlassung von Landrat Stegmann. Er hat bereits ein entsprechendes Gutachten beim Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement am Klinikum der Universität München angefragt. „Die Klärung dieser Fragen hat für mich eine sehr hohe Priorität“, erklärt der Landrat.

Auch die Zukunft der 122 Mitarbeiter, die nun in der Vorweihnachtszeit eine Kündigung erhalten werden, war Thema der heutigen Sitzung. „Die Mitarbeiter in den Kliniken müssen Vieles ertragen. In der Pandemie waren sie an vorderster Front gefordert und jetzt bereiten die aktuellen Entwicklungen – nicht nur in der Rotkreuzklinik – große Unsicherheit“, bedauert Landrat Stegmann.

Einen Hoffnungsschimmer gibt es aber dennoch: Sowohl die Asklepios Klinik in Lindau als auch die OSK in Wangen suchen Fachkräfte, ebenso viele ambulante Dienste im Landkreis, so dass hier bestenfalls übergangslos neue Beschäftigungen gefunden werden können. Die Perspektive am Arbeitsmarkt ist durchaus positiv.

Die Teilnehmenden haben sich auch offen über den bisherigen Informationsfluss ausgetauscht. „Manches durfte mit Blick auf das Insolvenzverfahren nicht vorab kommuniziert werden“, so Dr. Mark Boddenberg, manches wird auch nicht richtig wiedergegeben, „so werden die Bereiche der Urologie und der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde nicht geschlossen“ und er räumt ein, dass auch die Kreispolitik immer ansprechbar gewesen sei. Alle Beteiligten sind sich darüber einig, dass der Informationsfluss zum Bürger eine zentrale Rolle einnimmt.